Klaus Uhlenbrock – Ich schreibe, weil ich Spaß daran habe, nicht um weite Wege zu reiten

Heute präsentiert LitBorken ein Interview mit dem vielseitigen Schriftsteller Klaus Uhlenbrock, der in Steinfurt lebt. Er hat zahlreiche Bücher geschrieben und im Tecklenborg Verlag veröffentlicht.  

LitBorken: Du bist ungeheuer vielseitig. Du schreibst Bücher, Hörspiele, gibst Schreibkurse und schreibst Bücher für Theaterstücke und Drehbücher und führst Regie. Ist diese Vielfalt etwas, was du an deiner Arbeit besonders liebst oder ist sie der Notwendigkeit geschuldet, dass man vom Schreiben der Büchern allein nicht leben kann?

Klaus Uhlenbrock: Die Vielfalt (Theater, Hörspiel, Film, Regie und Technik) bietet mir enorme Möglichkeiten, um die ganze Bandbreite der Schriftstellerei & ihre Medienplattformen abzudecken. Jeder Bereich hat seine eigene Gesetzmäßigkeit. Das Drehbuch eines Films zu schreiben etwa erfordert eine differenziertere Herangehensweise, als das für ein Hörspiel; der Spannungsbogen eines 300Seiten Romans unterscheidet sich grundsätzlich zu dem eines Theaterstückes. Und Regie und Audio-Aufnahmen mit all den technischen Finessen (Musik/Geräusche/Dramatik-Aufbau) für ein Hörspiel ist ohnehin eine Kunst für sich.

Gerade diese verschiedenen Aspekte des literarischen Lebens lassen mich als kreativen Autoren über den „normalen Rand“ eines Romandeckels hinausschauen, und mit jedem neuen Projekt kommen ebenso viele neue und interessante Bekannte hinzu.

Bei so viel verschiedenen Möglichkeiten bleibt gerne auch mal das Geld auf der Strecke … Nur von der Schriftstellerei leben zu können, diesen Gedanken habe ich längst ad acta gelegt. Einen Traum zu leben ist das eine … eine Familie zu ernähren etwas anderes.

LitBorken: Was davon machst du am liebsten?

Klaus Uhlenbrock: Schwierige Frage. Zum einen reizt mich die Ruhe des Krimischreibens. Recherche, Ideen sammeln, kein „Reinreden“ einer anderen Person … Gleichzeitig aber ist die Zusammenarbeit in einer Gruppe, wie in meinen Hörspiel-Werkstätten oder die Arbeit mit dem Regisseur bei einem Filmprojekt, sehr aufbauend und förderlich. Daher würde ich sagen, dass die mediale Umsetzung der eigenen Phantasiewelt (Hörspiel, Film und Theater) zumindest das Reizvollste an meiner Arbeit ist.

LitBorken:  Wie bist du überhaupt zum Film gekommen?

Klaus Uhlenbrock: Vor Jahren lernte ich den Regisseur Detlef Muckel kennen. Ich stellte ihm das Manuskript für ein 70seitiges Hörspiel vor, das später in den Film Rosa & Marie einfloss. Inzwischen gibt es mehrere Personen, die ich durch die verschiedenen Projektarbeiten kennenlernen durfte und durch die sehr interessante, neue Projekte entstanden. (Unter anderem eine Märchenerzählung anlässlich der „Grünen Woche“ in Berlin 2011, die dort live von einem gelernten Schauspieler rezitiert wurde, oder auch ein sehr persönlicher Kontakt zu dem Drehbuchautoren Christoph Busch (2x nominiert für den deutschen Filmpreis).

LitBorken: Du arbeitest bereits seit 1981 als Schriftsteller. Wie schwer war es für dich, im Literaturbetrieb Fuß zu fassen?

Klaus Uhlenbrock: Zunächst war es schwierig, da ich viele einfältige Fehler beging, die man heutzutage, dank Internet, natürlich vermeiden würde (große Verlage anschreiben/zu viele Seiten oder sogar das ganze Manuskript geschickt, etc). 1981 gab es kaum oder gar keine Bücher zu dem Thema: „Wie schreibe ich einen Roman“, noch wurde von irgendwelchen Einrichtungen (einschließlich VHS) ein diesbezüglicher Kurs angeboten (Mit ein Grund, warum ich das heute mache (siehe Frage 11). Als ungelernter Autodidakt dauerte es daher viele Jahre, bis ich mit meinem ersten, auf einer Schreibmaschine geschriebenen Roman an einen Verlag herantreten konnte. Und ebenso viele Jahre später (1997) kam dann mein erstes Buch auf den Markt, den ich als blutiger Anfänger bei einem Zuzahl-Verlag unterbrachte.

Inzwischen bin ich froh, dass ich einen weiteren Verlag gefunden habe, bei dem ich weder zuzahlen, noch mich um die lektorischen Fehler kümmern muss und der dennoch in schöner Unregelmäßigkeit meine Sachen auf den Markt bringt.

LitBorken: Glaubst du, dass es damals leichter war, als heute? Hat sich der Literaturbetrieb geändert?

Klaus Uhlenbrock: Leichter wird es keinesfalls. Bei inzwischen bis zu 20.000 (!) Neuerscheinungen im Jahr ist gar nichts mehr einfach. Zumindest was die große Bühne angeht. Im kleinen, regionalen Raum mag es etwas anderes sein. Da experimentieren die Verlage und die Buchhandlungen. Da sind die Leser noch geneigt zu sagen: „Okay, der ist von hier und schreibt über die nähere Umgebung. Klingt interessant“.

Aber wenn ich versuchen sollte, als unbekannter Autor eines Verlages mit wenig Werbemöglichkeiten vom Münsterland aus eine Lesung in Berlin oder Hamburg zu bekommen … Fehlanzeige. Schon Münster hat sein eigenes Repertoire an Autoren, da wird es bereits schwer für mich. Jemand lesen zu lassen, von dem man weiß, dass er max. zwanzig Stühle füllen wird … „Kommen Sie gerne wieder, wenn Sie bekannter sind“, dürfte da eine noch freundliche Antwort eines Buchhändlers sein.

LitBorken: Kannst du sagen, dass du jetzt „fest im Sattel sitzt“ oder kämpft Autor ständig um seinen Fuß im Literaturbetrieb?

Klaus Uhlenbrock: Meine Ansprüche stammen sicherlich noch aus der Anfangszeit: Kleines Buch auf kleinem Raum. Ich war froh, dass sich, als ich mit dem Schreiben begann, hin und wieder ein Bekannter oder ein Verwandter an das Lesen eines meiner Bücher heranwagte und mir eine Rezension gab.

Mit der Zeit (und der ersten Veröffentlichung) wird man forscher und meint, die Welt hat auf mich als Autor gewartet. Und dann ist man zum ersten Mal in Frankfurt auf der Buchmesse … und man sieht die vielen Bücher … und die Riesenverlage … und in irgendeiner Ecke neben dem Ausgang das eigene, kleine Werk … ganz klein …

Fest im Sattel sitzt niemand. Man wird an seinen Werken gemessen. Nur wer es als Autor versteht, seine kreativen Ergüsse und sich selbst immer wieder neu zu erfinden, der bleibt am Ball. Nichts langweilt den Leser mehr, als immer den gleichen Trott vorgesetzt zu bekommen. Okay, der eine Leser wird sagen: „Buch eins fand ich klasse … aber das Neue … naja.“ Dafür könnte aber der zweite Leser sagen: „Buch eins war noch nicht ausgereift. Aber das zweite hat Stil … bin schon gespannt aufs nächste.“

Ich bin selber gespannt auf mein Nächstes … von daher werde ich aus meiner Warte immer fest im Sattel sitzen. Ich schreibe in erster Linie, weil ich Spaß daran habe. Nicht, um weite Weg zu reiten (im Übrigen sagen die wahren Reiter, dass es ohnehin am meisten Spaß macht, wenn man den Sattel weglässt :).

LitBorken: Wieviele Bücher hast du inzwischen geschrieben? Es scheinen meist oder ausschließlich Krimis zu sein. Sind auch Serien dabei, d.h. eine Figur, die in anderen Büchern immer wieder auftaucht?

Klaus Uhlenbrock: Wie viele Bücher es inzwischen sind … 20 -30?! Davon erschienen sind 12, der Rest ist für die Schublade und (eines Tages) meine Enkel.

Ich hatte am Anfang eine Serie über zwölf Bücher im Stile Karl Mays. Danach gab es eine Serie über einen amerikanischen Privatermittler, und es gibt eine kleine Serie über ein Steinfurter Kommissariat, die ich vielleicht noch weiter ausbauen werde, da noch Potential vorhanden ist.

Was heißt also schon, man schreibt Krimis oder Liebesromane oder anderes? Durch die Kurse an den VHS in verschiedenen Städten habe ich mich bewusst mit dem Schreiben als solches beschäftigt. Und ich bin der Meinung, es gibt nur Krimis. Selbst eine Frau Pilcher oder ein Heimatdichter, Karl May oder der biederste Arztroman … jede dieser Lektüren beinhaltet die Neugier des Lesers, der sich das Buch aus dem Grund kauft, um unterhalten zu werden. Um seine Neugier auf etwas zu stillen, dass zwischen den Buchdeckeln verborgen liegt. Das ist die klassische Krimi Thematik, die von vielen, die es wissen müssen, genannt wird. Von daher schreibt jeder Autor Krimis, auch wenn er meint, ein Buch über einen Politiker veröffentlichen zu wollen.

Der Plot bleibt derselbe: Spannung und (Krimi-)Konflikt, das Salz der Buch-Suppe.

LitBorken: Der Trailer für dein neustes Buch „Alias“ macht Lust auf mehr. Kannst du uns ein bisschen was über den Roman verraten?

Klaus Uhlenbrock: ALIAS hat mehr oder weniger gute zwei Jahre in mir geschlummert. Sein Vorgänger („Nur ein Spiel“) war bereits fertig und ich suchte nach einem neuen, interessanten Stoff, der sich von den anderen unterscheidet. Dann kam mir die Idee, einen jungen Schriftsteller samt seines neuen Romans mit der Wirklichkeit, die er erlebt, zu verquirlen. Und bereits als ich die erste Seite schrieb, begann das Buch in mir zu leben (auch dank vieler autobiografischer Züge, die ich dem Protagonisten verlieh). Als dann die Thematik des Buches auf ein aufgeflogenes Zeugenschutzprogramm zusteuerte, war die Sache für mich als Autor von knisternder Brisanz, diesen Krimi immer weiter zuzuspitzen, bis er in einem fulminanten Ende am Genfer Flughafen seine Auflösung findet.

LitBorken: Ich nehme an, den Trailer hast du selbst produziert?

Klaus Uhlenbrock: Ja, der Trailer (Idee/Aufnahme/Schnitt/Musik) stammt von mir. Ich wollte diese Art der neuen Reklame mal nutzen und zwei verschiedene Sparten zusammenführen. War halt als kleine Spielerei gedacht.

LitBorken: Was liest du selbst am liebsten?

Klaus Uhlenbrock: Alles, was nicht Niet- und Nagelfest ist!

Nein, kleiner Scherz … Im Lauf meines Autorendaseins bin ich sehr anfällig für Bücher geworden. Es gibt ein paar, von denen ich sagen kann, sie gefallen mir. Aber oft passiert es mir, dass ich bereits nach den ersten zehn Seiten sage: Nee, ist nicht meins! Wird zwar hochgelobt, aber der Autor verliert sich in Kleinigkeiten, die keinen Bezug zum Buch haben; oder der Protagonist ist viel zu abstrakt; oder er passt nicht in die Handlung … etc.

Noch schlimmer ist das bei Fernsehfilmen. Da bekomme ich fast ständig von meiner Frau zu hören, ich soll die Handlung und die Dialoge nicht andauernd kritisieren (obwohl sie größtenteils sch… sind)

LitBorken: Für einen der Schreibkurse fährst du immerhin von Steinfurt bis Ahaus. Was gefällt dir an der Arbeit in den Schreibkursen so besonders?

Klaus Uhlenbrock: Ja, ja, die Fahrerei … Andererseits; es gibt so viele, die gerne schreiben und nicht wissen, wie man`s ganz einfach anpackt, worauf man achten muss, welchen Stil man einschlagen soll, etc.

Schreiben ist ein Handwerk und besteht aus mehr als nur Talent. Schreiben kann jeder; aber eine gute Geschichte mit Leben zu füllen will gelernt sein. Und da hoffe ich, dass mein Wissen dem ein oder anderen nützlich sein kann.

LitBorken: Was würdest du dir in deiner Region bzw. im Münsterland noch auf literarischer Ebene wünschen?

Klaus Uhlenbrock: Eine weitreichende Zusammenarbeit. Ein Theaterstück über die Region hinaus, ein Filmprojekt im Münsterland. Meinungsaustausch, Stammtisch oder einfach nur Interesse am Hobby des Nächsten.

Klaus Uhlenbrock lebt in Steinfurt, schreibt Bücher, Hörbücher und Drehbücher, führt Regie  und gibt Schreibkurse. Seine Bücher erscheinen im Tecklenborg Verlag. Sein neuestes Buch „ALIAS“ erschien im Mai 2012.